Nie mehr teure Kordeln kaufen!
Uuuuh, Möhrchen hat wieder eine neue Handarbeitstechnik gefunden, die sie super-mega-dufte findet. Na gut, eigentlich hat Pinterest sie für mich gefunden, aber das ist bei mir ja nichts Neues. Die Strickgabel ist ein Werkzeug, mit der man ganz einfach Kordeln knüpfen kann. Und mit einfach meine ich einfach!
In Amerika scheint die „Lucet“ anscheinend momentan total im Trend zu liegen. Bei YouTube gibt es dutzende Videos zum Thema „Lucet Cord braiding“, in Deutschland scheint es noch nicht ganz angekommen zu sein. Schade eigentlich, bis auf einige ältere Beiträge findet man im Netz so gut wie gar nichts deutschsprachiges zu dem Thema. Ich finde, das schreit nach einem Tutorial! Denn Kordeln braucht jeder. Jeder. JA, JEDER!
Ein wenig zur Geschichte
Ich habe mittlerweile gefühlt 1000 historische Eingrenzungen zum Thema „Strickgabel“ gefunden, allerdings sagt das auch jeder was anderes. Fakt ist, dass das Knüpfen von Kordeln schon in der Wikingerzeit bekannt war. (Was wohl auch ungefähr ein wenig so aussieht, wie das, was wir gleich zusammenschustern werden). Wikipedia sagt, dass es eher ins 12 Jhd. passt. Ist, wie bei allen „alten“ Handarbeitstechniken, auch schwierig nachzuvollziehen und vor allem nachzuprüfen.
Was ich zu dem Thema ganz spannend fand, ist der Blogpost von „Halldorviking„, der sich mal näher mit der zeitlichen Eingrenzung befasst hat. Leider auch in Englisch, aber vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen.
Was? Woher? Wie viel?
Nochmal kurz zum späteren Endprodukt: Mit der Strickgabel/ Lucet lassen sich vierecke, leicht elastische und vor allem stabile! Kordeln herstellen. Also perfekt für eure nächste Korsettschnürung 😀 Naja, vielleicht nicht ganz, aber Taschenriemen, Schnürsenkel, leichte Schnürungen und vor allem Verzierungen könnt ihr damit auf jeden Fall flechten. Da ihr auch nur einen Faden benötigt (Nicht, wie bei Zierflechten, wo man gleich 6 Fäden zuschneiden muss), ist es auch eine nette Idee, um zum Beispiel Garnreste zu verbrauchen.
Das wären jetzt die drei Strickgabeln, die ich mir gekauft habe (Links gibt’s wie immer unten). Die sind auch echt nicht teuer, für alle zusammen habe ich nicht mal 13€ bezahlt. Selbstverständlich könnt ihr die auch selbstmachen. Ein paar Ideen gibt es auf dem Blog von „Stitchdiva“ (auch englisch). Im Prinzip funktioniert aber auch alles, was in irgendeiner Art und Weise zwei Zinken hat. Also auch Astgabeln, Geweihgabeln, Gabel-Gabeln (die zum Essen)… Und wer natürlich Spaß daran hat, kann die natürlich auch schnitzen. Garnspule mit zwei Nägeln dürfte wahrscheinlich auch funktionieren… Hmmm… Muss ich mal ausprobieren…
Ok, weiter im Text. Wie haben jetzt irgendwas Strickgabel-mäßiges gefunden, also können wir doch anfangen, oder?
Vor dem Stricken
Haha, zu früh gefreut! Bevor ihr euch eure neue Errungenschaft austesten könnt, solltet ihr zunächst Sandpapier und Holzbalsam bereithalten. (Selbstverständlich nur, wenn ihr auch solch gekaufte habt, wie ich. Bei selbstgebastelten solltet ihr das Problem nicht haben.) Die meisten Strickgabeln kommen nämlich ziemlich rau daher. Wahrscheinlich werden sie nur aus der Fräse rausgenommen und in den Korb zum Verkaufen geschmissen. Wie dem auch sei, je glatter ihr die Kanten der Gabel bekommt, desto leichter arbeitet es sich nachher auch. Außerdem bleiben so keine Wollfäden an den Seiten hängen.
Also alles ordentlich abschleifen. Ich habe in dem Fall Schleifvlies genommen, normales Sandpapier mit feiner Körnung reicht aber vollkommen aus. Zum Schluss nochmal alles mit Leinöl oder selbstgemachter Holzpolitur behandeln und gut einwirken lassen. Meine Strickgabeln haben ordentlich davon gefressen. War also ziemlich trocken, das Holz. Überschüssiges Öl einfach mit einem alten Lappen abnehmen und dann kann es endlich losgehen.
Achtung! Sehr bildlastig!
Schritt 1: Faden wählen und einfädeln
An sich könnt ihr jeden erdenklichen Faden nehmen, den ihr zuhause habt. Allerdings sollte er halbwegs reißfest sein, sonst habt ihr beim späteren Arbeiten keinen Spaß. Je dünner der Faden, desto dünner ist natürlich auch die spätere Kordel. Zu elastisch sollte es aber nicht sein, ansonsten verzieht sich alles. Und das sieht ziemlich doof aus.
Ok, ihr habt eure Wolle rausgekramt? Dann können wir starten!
- Zuerst nehmt ihr das Ende des Fadens und steckt es von hinten durch die Bohrung. Vorne mit dem Daumen gut festhalten.
- Nun müssen wir eine Acht um die zwei Zinken wickeln. Also erst über die vordere rechte Seite…
- … dann von hinten über den linken Zinken.
- Und weil das Ganze so schön war, nochmal von hinten über den rechten Zinken. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt eine (leicht verkrüppelte) Acht mit eurem Faden gemacht! 😀 Ich weiß, von vorn sieht es weniger so aus, aber wenn ihr von oben drauf schaut, seht ihr es.
- Wie ihr seht, habe ich mir den „Arbeitsfaden“ noch ein, zweimal um den Knubbelfinger gewickelt, damit er nicht so leicht wegrutscht. Jetzt müssen wir die untere, rot markierte Schlaufe über die obere ziehen.
- Das ist bei der ersten Schlaufe immer noch ein wenig locker, deswegen den Faden unten, den ihr vorhin durch die Bohrung gesteckt habt, gut festhalten! Vielleicht kennt der ein oder andere noch die Strickliesel aus dem Kindergarten. Das ist das selbe Prinzip.
- Zum Schluss den Arbeitsfaden sanft nach links ziehen, sodass ihr eine Art Knoten in der Mitte eurer Strickgabel habt. Das Wichtigste könnt ihr jetzt schon: Untere Schlaufen über den Zinken ziehen. Viel mehr ist es auch nicht. Allerdings gibt es jetzt zwei verschiedene Techniken, wie man an die zweite Seite rankommt.
Variante 1: Die „Wendetechnik“
Ich persönlich finde diese Technik einfacher, weil ich nicht so viel mit den Händen rumfuchteln muss. Allerdings wird die Kordel so fast immer ziemlich straff und engmaschig. Also eher etwas für stabile, wenig elastische Projekte.
- Bei der Wendetechnik haltet ihr alles so fest, wie ihr es gerade in der Hand habt. Jetzt dreht ihr die Gabel einmal um 180° im Uhrzeigersinn. Das Fadenende ist jetzt also hinten (so merke ich mir das). Und siehe da, jetzt haben wir auf dem rechten Zinken wieder einen Faden, über den wir die untere Schlaufe ziehen können.
- Wichtig ist, den Faden nach jeder Masche festzuziehen. Je nachdem, wie stramm ihr es festzieht, wird die Kordel fester oder lockerer. Einfach ein wenig ausprobieren, was zu eurer Bastelei am besten passt.
- Hier nochmal ein Bild vom Festziehen. Den ganzen Ablauf macht ihr jetzt so lange, bis euer neuer Schnürsenkel die passende Länge hat. Drehen, Schlaufe drüber, festziehen – Drehen, Schlaufe drüber, festziehen… Und so weiter und so on… Easy, oder?
Variante 2: Die Acht
Wenn man nicht ganz so fingerfaul ist wie Möhrchen, kann man auch diese Variante ausprobieren. Die Strickgabel wird hierbei NICHT gedreht, sondern der Faden wird drum rum gelegt. Diese Technik hat den Vorteil, dass man die Kraft, mit der der Faden zugezogen wird, besser verteilen kann. So werden die Kordeln leicht elastisch.
- Der Anfang ist der selbe wie auch in Variante 1. (Erste Schlaufe über den Faden gezogen)
- Die Gabel bleibt nun aber, wo sie ist. Stattdessen geht ihr mit dem Faden von hinten um den linken Zinken.
- Den Faden zieht ihr jetzt auch nach rechts.
- Dann wieder von hinten über den rechten Zinken. Schlaufe über den Faden ziehen, den Arbeitsfaden nach links ziehen (immer dahin, wohin das Garn will.)
- Das wird jetzt auch wiederholt. Über linken Zinken, Schlaufe drüber, nach rechts ziehen. Über rechten Zinken, Schlaufe drüber, nach links ziehen. Ist im Prinzip auch nicht schwieriger, aber meiner Meinung nach ein wenig unbequemer.
- Hier nochmal beim Festziehen. Wichtig ist bei dieser Technik, dass ihr die Zinken immer von hinten umwickelt. Ihr macht also im Prinzip lauter Achten um die Strickgabel.
Schritt 3: Abketten
- Ist eure Kordel lang genug, müssen wir sie noch irgendwie vor dem Auftroddeln bewahren. Schneidet also den Arbeitsfaden mit ein bisschen Länge ab.
- Nehmt die erste Schlaufe vom Zinken und steckt das abgeschnittene Ende dadurch. Nun gut festziehen!
- Zu allerletzt steckt ihr den Faden noch durch die verbleibende Schlaufe. Wieder festziehen – et voilà: Eure erste Lucet-/ Strickgabelkordel ist fertig! Hätte schlimmer sein können.
Sieht man einen Unterschied zwischen Variante 1 und 2?
Puh, also ich habe mal zwei Kordeln aus dem Dochtgarn gemacht und muss sagen: Bis auf die „Bessere Dosierbarkeit der Kraft“ sehe ich keinen großen Unterschied. Klar, Variante 1 ist fest, Variante 2 ein wenig lockerer. Aber vom Maschenbild an sich gibt es keine großen Unterschiede.
Links: Achtertechnik Rechts: Wendetechnik
Hier nochmal ein Vergleich von verschiedenen Garnstärken.
Blau: Sockengarn, Nadelstärke 3,5-4,5, 200m/100gr.
Gelb: Sockengarn, Nadelstärke 5, 180m/100gr.
Grün: Dochtgarn, Nadelstärke 8, 100m/100gr.
Und eine ganz dünne, Nadelstärke 2,5, 350m/100gr.
Und zu guter letzt noch:
Die Einkaufsliste
(Wie immer verlinke ich nur Shops, bei denen ich selbst gekauft habe und somit weiß, dass sie zuverlässig sind. Die mit * markierten Links sind Affiliate Links, das bedeutet, dass ich eine kleine Provision erhalte, sofern ihr über diesen Link kauft. Das kostet euch kein Cent extra und ihr unterstützt trotzdem „Möhrchen und das Mittelalter“)
Strickgabel „Original Forchtenberger“ via Ebay, 4,95€*
Strickgabel mit Anleitung, via DaWanda, 3,50€*
2 Strickgabeln aus Birkenholz, 2St für 5€
Falls ihr noch wissen wollt, wie ihr das ganze zweifarbig gestalten könnt: Hier gibt’s die Anleitung
So, ich denke, jetzt haben wir das wichtigste zu den Strickgabeln. Wie ist es bei euch? Kanntet ihr die „Lucet“ bereits? Oder ist das für euch , wie für mich, auch was total neues gewesen? Wie knüpft ihr denn eure Kordeln? Oder kauft ihr die fertig? Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt. Ich hoffe, die Anleitung war halbwegs verständlich, ansonsten könnt ihr auch, wie immer, eure Fragen in die Kommentare werfen 🙂
Ich wünsche euch nun erstmal viel Spaß beim Ausprobieren!
Brecht euch nicht die Finger 😀
Möhrchen
19 Gedanken zu „Kordeln herstellen mit der Strickgabel“