Leserbrief: Horrorfahrt nach Weil am Rhein

So liebe Leute, die liebe Anja hatte mich gefragt, ob sie einen Bericht über ihre Fahrt nach Weil am Rhein hier veröffentlichen dürfe. Da mein Hirn bei den Temperaturen eh komplett am Wegschmelzen ist, kommt mir dieses Angebot super entgegen. Außerdem ist es eine ganz gute Möglichkeit, um euer Interesse an Gastbeiträgen zu erkunden. Also kommentiert doch gern, ob euch solche Leserbriefe gefallen und ob ihr mehr von solchen Beiträgen lesen möchtet.
Der Text ist soweit unverändert.

„Liebe Möhrchen,
vielen Dank, dass ich einen Gastblogeintrag über unseren ersten MPS-Besuch verfasen darf. Ich entschuldige mich schon Mal im Vorraus, dass das ein mega langer Roman werden wird!
Als ich Deine Geschichte gelesen hatte, dachte ich mir, DAS kann uns nicht passieren so schlimm wie das war. Ja denkste…
Unsere Reise begann am Freitag, den 29.06.18 im wunderschönen Vogtland. Gegen 09:00 Uhr fuhren wir gut gelaunt zu zweit los, Richtung Weiden i. d. Opf. Dort wollten wir einen Zwischenstopp machen, um unseren besten Freund abzuholen, der uns begleiten sollte.
Bis dorthin verlief alles gut. Wir sackten ihn ein und wechselten von der A93 auf die A6 und nach Nürnberg ging der ganze Schlamassel los. Durch eine frühere Reise im April wussten wir, dass auf unserer Strecke viel gebaut wird, dementsprechend planten wir genug Zeit, Getränke und Lebensmittel ein, die 591km zu bewältigen. Laut Navigationsgerät sollten wir dafür 5 Stunden und 42 Minuten benötigen.
Auf etwa Höhe Nürnberg gerieten wir in den ersten Stau…warum? Baustelle? Unfall? Entenfamilie? Nööö… keine Ahnung wieso wir da 30 Minuten standen…
Auf der weiteren Fahrt auf der A6 gerieten wir nacheinander von einem in den nächsten Stau. Stück für Stück zuckelten wir uns Meter für Meter voran. Die Sonne knallte uns aufs Autodach, als wären wir Ungeziefer, das vernichtet werden muss. Nach einer gefühlten Ewigkeit durften wir weiter fahren. 2km ging alles gut und dann gingen wir langsam unserer „Lieblingsbeschäftigung“ dem im Stau stehen nach.
Um den Tankstand zu schonen schalteten wir immer wieder die Klimaanlage aus und brutzelten in der prallen Sonne vor uns hin, wie die Bratwürstchen auf dem Grill. Der Schweiß lief uns aus den Poren wie den Bratwürstchen das Fett aus der Pelle.
Nach 6 Stunden konnten wir endlich auf die A5 übergehen. Das Stauzenario hörte bis kurz nach Offenburg nicht auf, mittlerweile schützen uns Handtücher und T-Shirts vor diesem grellen, gelben, heißen Ball, der da am Himmel klebte. Ich war so froh, dass ich mir einen Tag vor der Fahrt noch einmal den Post über den Notfallkoffer fürs Festival durchgelesen hatte. Dieser lies es mich veranlassen, ein paar Kopfschmerztabletten einzupacken. Ich brauchte sie schneller als mir lieb war. Ich fühlte mich wie Sonnenstich und konnte nicht weiter fahren. Die ebenfalls rastenden Autofahrer schauten schon besorgt wie ich da wie einem Schluck Wasser an den Kofferraum gelehnt hockte. Glücklicherweise half die Tablette schnell und ich konnte meinen mit der Hand lädierten Ehemann schnell wieder vom Steuer ablösen. Vollkommen fertig erreichten wir 21:37 Uhr unsere Pension in Weil am Rhein.
Ich war ja noch nie in einer Pension, aber DAS ist der Begriff einer Pension? Was war denn das bitte für eine Absteige?
Von außen sah das alte Bahnhäuschen total herunter gekommen aus. Wir erhielten unsere Pin-Codes für die Türen in der angrenzenden Bar. Schick urig, da wollten wir den abend verbringen, sah nett aus. Die Zimmer sahen weitaus besser aus, als die Außenfassade. Zu meinem Glück. Klein aber fein, ein schicker Schrank und ein Ehebett mit Handtüchern drauf drapiert und ähhhh…Ohropax? Wieso das denn? Fahren hier in der Nacht etwa Kilometer lange Güterzüge vorbei?
Oh nein… *legt ein schelmisches Grinsen auf* nein… es kommt noch viel viel schlimmer, als Du dir es vorstellen kannst…
Nach unserer wohlverdienten Dusche (die werden sich über ihren Wasserverbrauch freuen muhahahahaaaaaa!!!!) machten wir es uns in der Bar gemütlich, tranken etwas zusammen und schnappten dann irgendwann ein Gespräch auf, dass die Bar doch Freitags und Samstags bis um 5 Uhr göffnet hätte? Alter ihr wollt mich doch foppen oder? Bis um 5? Diese Lautstärke der Musik? Na hoffentlich höre ich das dann oben im Zimmer nicht mehr so stark.
Meine Energie reichte nur noch für ein kühles Getränk, dann sackte ich total erschöpft in mein Kissen… Merke für mich: nimm das nächste Mal Dein eigenes Kissen mit, wenn Du Nackenprobleme hast….
Wie ich befürchtet hatte war die Bar bis 5 Uhr geöffnet und ich konnte kein Auge schließen. Ich schlich in der Pension mal umher, saß in der Küche (mein Mann und unser bester Freund waren noch in der Bar) und schaute aus dem Fenster. Die nackte Nachbarin, die auf den gegenüber liegendem Balkon erschien, verdarb mir dann entgültig die Laune. Was ist nur mit diesem verfluchten Ort los??? Wer hat es denn auf mich abgesehen…und diese Musik…Helene Fischer…Atemlos..
Gefühlt wollte ich schon da runter stapfem und um Ruhe brüllen….aber sie hätten mich eh nicht gehört.
Den Ohropax können die sich im übrigen auch sparen, wenn man genau über der Box schläft, sind die Dinger eine wahre Beleidigung.
Gegen 02:00 Uhr schaffte es mein Mann doch tatsächlich ins Bett zu kommen und ziemlich schnell ein zu schlafen. Der glückliche…ich habe ihn beneidet…
06:12 Uhr ging endlich die Musik aus…ich habe auf mein Handy geschaut…das drücke ich der alten morgen schwor ich mir und hegte den allerersten Gedanken daran, so bald ich ausgeschlafen hatte nach hause zu fahren….und dann schlief ich endlich mit brennenden Augen ein…

Nach 5 Stunden Schlaf sich die Augenringe weg zu schminken war echt eine Tortour. Frühstück gab es keins, also suchten wir uns einen Bäcker in der Nähe. Ich glaube das war das leckerste Vanillehörnchen, dass ich jeh in meinem Leben gegessen habe… und… eine gute Tat: Hummel im Verkaufsraum gerettet..juhuuuuuu..

Gegen Mittag erreichten wir endlich die Tore des MPS und sahen zum ersten Mal ein Zelt nach dem anderen, Menschenmassen und schon wieder dieses grelle Ding am Himmel.

Die Veranstalter haben wirklich gute Arbeit geleistet. Das Thermometer zeigte uns 32°C und es erfreute uns, dass in den Metalltoren Schläuche gespannt waren, aus denen permanent kühles Wasser lief. An jeder Ecke fand man kleine Müll- und Wasserbottiche.
Von dem ersten Erfrischungsgetränk gestärkt erkundeten wir gut gelaunt den Markt. Im allgemeinen gibt es ein gutes Angebot an Getränken, Fressalien und verschiedenen Ständen…reichend von Schmuck, über Felle, bis hin zur Kleidung, Henna-Bemalung und Wahrsagen.
Apropos Kleidung: ich hätte nicht gedacht, dass ein Leinen-Unterkleid so viel Schweiß aufsaugen und dabei immernoch gut aussehen kann. Ich bin wirklich zufrieden gewesen mit meiner selbstgenähten Gewandung. Ein kleines bisschen bin ich schon über den Markt stolziert.
Die Getränkestände haben wirklich ein gutes Geschäft gemacht in den 2 Tagen. Wir haben gefühlt 10 Liter Wasser, Odin und Cola getrunken…wir wussten zwar, wo die Toiletten waren, aber besucht haben wir sie nicht. Alles ausgeschwitzt, so sehr brannte der Planet auf uns ein. Schattenplätze waren doch recht rar, auch wenn viele Zelte gestanden haben… ab einem gewissen Grad fühlt man sich einfach nur noch wie ein nasser Sack.
Da fand ich die Idee der Veranstalter sehr schön. Es fuhren in gewissen Abständen Quads mit Wasser beladenen Anhängern durch das Gelände. C-Strahlrohr und C-Schlauch rein in den Bottich und ab in die Menge: Wer Wasser haben wollte wurde gnadenlos abgespritzt. HER DAMIT!!!! Scheiß auf das Make up, Fibeln zugehalten und bitte bitte mach mich nass damit!
Überall standen Rasensprenger, die dankend von Mensch und Hund angenommen wurden. Wie kleine Kinder hüpften alle durch die Wasserstrahlen, während sich die helle Scheibe im Himmel dacht: Jaaaaa springt umher, es wird so oder so nicht kühler! Und Den Wind habe ich bestochen, der macht Urlaub!!! Muhahahahaaaaa
Als die Sonne endlich unter gegangen war wurde es endlich angenehmer. Keiner musste mehr Fratzen ziehen, um überhaupt etwas sehen zu können. Oh man wir haben so viele mit Sonnenbrand gesehen, da wollte ich noch nicht wissen, wie wir wohl aussehen würden, denn durch das öfters duschen lassen war die Sonnenmilch natürlich weg gewaschen.
Am Abend rockten Salatio Mortis und Faun die Bühnen. Soar Patrol kann ich auch sehr empfehlen, wenn man etwas schottische Musik mit E-Gitarre mag. Es war eine bombige Stimmung, man kann es nur weiter empfehlen. Wir wurden sogar mit einem Foto mit dem Sänger von Saltatio Mortis belohnt!
Der Heimweg zog sich enorm hin… Ein elektrisch betriebener Rollstuhl wäre schneller gewesen als wir so vor uns hin schlichen.
Müde wollten wir gegen 02:00 Uhr in unsere Betten sacken….
..aber…
ach da war ja noch etwas…genau…die Bar… echt jetzt? Wieder die laute Musik bis viertel 7 aushalten? Ihr könnt mich vergessen, morgen könnt ihr mich abholen lassen, dann bin ich bekloppt geworden, tatütata bringt bitte de weiße hab-mich-lieb-jacke mit! Ich will nach hause!!!!! JETZT SOFORT!!!
Doch der liebe Odin war gnädig mit mir, er hat mich vor Erschöpfung ganz schnell einschlafen lassen. In dieser Nacht war mir alles egal, hauptsache schlafen, egal wie heiß das Dachgeschosszimmer war. Sauna soll ja gesund sein…2 Tage Sauna nacheinander…ich glaube ich bin nach diesem Trip hier 5 Kilo leichter.. ich werde es nachwiegen.
Unseren 2. Tag verlebten wir mit starkem Sonnenbrand, Muskelkater (ich blöde Kuh hatte Schuhe mit leichtem Absatz an!!!) und die Energie war eigentlich total im Keller. Bis auf meinen lieben Ehemann schlurften wir umher, dankbar über jede Windböh die sich uns bot. Alles fühlte sich angenehmer an. Der Planet brannte zwar genau so stark auf uns nieder, wie den Tag zuvor, doch es war alles erträglicher. Dennoch Merke an mich: Der Kopfschutz ist ausbaufähig!
Mit etwas klarerem Kopf konnte ich auch endlich den Stand besuchen, der auch Glasperlen im Angebot hatte. Ich habe mich genüsslich mit der Besitzerin unterhalten, während eine Glasperle nach der anderen in meine Kaufschale kullerte.
Ihr müsst Euch vorstellen: zufrieden saß ich später mit einem riiiiiiesen Langosh auf meiner Decke und betrachtete meine erstandenen Perlen liebevoll, „mein Schaaaaaaatz“. Nein ich habe ihnen keine Namen gegeben 😉
Unseren letzten abend haben wir in der Gaststätte neben unserer Pension verbracht. Wir saßen in einem netten Ründchen zusammen beim Fussball gucken mit den anderen Gästen und ich aß den leckersten Salat, den ich jemals hatte…so knackig frisch hätte ich Bäume ausreißen können. Es war einfach nett, bis uns die Birkenblüten ins Essen fielen… hört das eigentlich auch mal auf?
Die letzte Nacht ließen wir ganz schnell hinter uns, standen enorm früh auf, um ganz schnell wieder hier fort zu kommen. Vielleicht ist auf den Autobahnen nicht ganz so viel los. Noch einmal 10 Stunden Fahrt in diesem höllisch heißen Brutkasten würden wir nicht noch einmal überstehen. Unsere Sitze wohl auch nicht…die brauchen eine Reinigung!
Als hätten wir Odin auf unserer Seite führte uns das Navi um 3 von 4 Staus herum. In den einen gerieten wir nur hinein, weil direkt kurz vor uns der Unfall lag. Einem LKW war der Reifen geplatzt, den die Polizei erst noch der Fahrbahn räumen musste. Nach 10 Minuten stehen konnten wir schnell weiter.
Ihr glaubt nicht, wie froh wir waren, dass wir wirklich nur 6 Stunden bis nach hause gebraucht haben. Der 02.07.18 geht definitiv mit drei Kreuzen zu Ende. Die eigene Couch, das eigene Bett…die Häschen zu hause…ohhh ich wurde noch nie in meinem Leben so sehr von ihnen ignoriert. Die dachten sich anscheinend: ach…biste auch mal wider hier? 3 Tage hast Du uns allein gelassen, schickst deine Eltern hier her, die uns unsere Möhrchen geben und dann nach 1 Stunde wieder abzischen??? Kannste lange drauf warten, bis wir wieder zu Dir kommen! *mümmel mümmel*
Aber sie haben uns schnell verziehen, sind recht schnell wieder aufgeblüht und waren denke ich genau so glücklcih wie wir, dass endlich alles wieder wie vorher war.
Jetzt in den Tagen danach können wir über das erlebte wieder lachen. Wir haben nette Leute getroffen, hatten gute Gespräche und im allgemeinem ein paar schöne Tage. Nachdem ich bis vorhin 7 Maschinen Wäsche gewaschen habe ( wo kommen die ganzen Klamotten her???) sitze ich dann doch sehr zufrieden hier und schmunzel über meine eigenen Worte.

Ach und ich stand auf der Waage: Sauna und nur Wasser trinken, kaum etwas Essen (außer den fettigen Langosh) helfen tatsächlich etwas beim abnehmen.

Ich hoffe, ich konnte euch auch ein bisschen ein Lächeln, Kopfschütteln oder irgendwas aufs Gesicht zaubern. Vielleicht findet ihr mein geschreibe auch total Kacke..ich weiß es nicht….ich werde es mitbekommen 🙂

Liebe Grüße an alle und eins weiß ich: für das MPS Berlin 2019 habe ich mir einige Punkte vorgenommen, die ich verbessern möchte….gerade was die Anreise betrifft… 😉
tschüssi!“

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2 Gedanken zu „Leserbrief: Horrorfahrt nach Weil am Rhein

  1. Digne

    Liebe Anja, da hast du einiges erlebt/-erleben müssen!
    (Heiß ist es leider hier auch nach dem Regen immer noch.)

    Wenn ich dir den Tip geben darf: vielleicht etwas knackig kürzen?!
    Den Tip gab auch Colette schon dem jungen Simenon 🙂

    Wir könnten auch Mörchen mal fragen, was sie von einer extra Leser-Rubrik hielte – vielleicht nicht nur für kurze Erfahrungsberichte, sondern auch für Bilder?

    Was meint ihr anderen?

  2. Kaen-Ryu

    Den Tipp mit dem kürzen habe ich schon eingehalten…der ursprüngliche Text war noch länger, da dachte ich mir, dass kann ich den lieben nicht antun 🙂
    Wir haben dort so einiges erlebt und seitdem sind auch die Mittelaltermärkte hier bei uns zu hause nicht mehr die gleichen… der letzte war für mich eher langweilig 🙁

    Oh eine Bilderecke wäre natürlich auch toll 🙂

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