Pflanzenfärben für Einsteiger

Pflanzenfärben: Tolle Sache oder Zeitverschwendung?

Ich habe mir mal geschworen, dass ich nie im Leben anfange, meine Klamotten mit Pflanzen zu färben. Zu groß erschien mir der Aufwand, zu teuer die Materialien. Normalerweise färbe ich Stoffe und Garne mit Simplicol, vor etwa einem halben Jahr habe ich dann mit Säurefarben angefangen. Das macht alles super viel Spaß, war mir auf Dauer dann aber doch zu eintönig. Wie das dann so ist: Man sieht auf Pinterest Beiträge über Pflanzengefärbtes und die Neugier war dann doch da. Im Reenactment sind natürlich gefärbte Stoffe eh Pflicht, also warum nicht mal ausprobieren? Falls ich doch mal wieder ins Living History zurückkehre 🙂

Und so bestellte sich das Möhrchen Alaun und wart nie mehr gesehen…

Naja, oder so ähnlich. Zumindest habe ich in den letzten 3 Monaten mehr Zeit in meinem Garten verbracht, als in meinem ganzen Leben. Es ist einfach unglaublich toll mit Pflanzen zu färben! Man geht in die Natur, sammelt Blätter und Zweige und am Ende kommt meist etwas total Schönes raus.

Allerdings weiß ich jetzt auch, warum die Stoffe und Garne so teuer sind. Es macht halt doch wesentlich mehr Arbeit, als die fertige Hose zum Färben in die Waschmaschine zu geben. Nichts desto trotz solltet ihr es wirklich mal versuchen. Am besten ladet ihr eure Lagerkollegen über’s Wochenende ein, dann wird es gleich noch viel lustiger.

Doch bevor es mit der Anleitung losgeht, erstmal ein paar grundlegende Dinge.

Was ihr über’s Färben mit Pflanzen wissen solltet:

  • Die Fasern sollten immer vorher gebeizt werden, damit sie die Farben auch aufnehmen. Dies ist bei tierischen Fasern wie Wolle und Seide einfacher, weshalb ich mich in diesem Post darauf konzentriere.
  • Pflanzenfärbung ist nicht so waschecht wie eine chemische Färbung. Je nachdem, welche Kräuter und Sträucher ihr verwendet, kann es auch in der Lichtechtheit extrem schwanken.
  • Auch wenn 100% Natur, solltet ihr nicht denken, dass das Färben sehr ökologisch ist. Ihr benötigt sehr viel Wasser und Energie! Dafür habt ihr danach aber auch keine giftigen Stoffe in eurer Kleidung.
  • Das Ergebnis wird immer anders! Je nach Wasserqualität, Menge der Färbedroge, Material des Kessels etc. kommen immer unterschiedliche Farbtöne und -nuancen raus. Das ist aber total spannend (und macht mir persönlich am meisten Spaß 🙂 )
  • Traut euch ruhig zu experimentieren! Wenn es nichts wird, könnt ihr immernoch überfärben. ABER:
  • Pflückt die Pflanzen mit Bedacht. Also nicht einfach alles rausreißen, sondern sorgfältig abschneiden. Bei kleinen Sträuchern lieber nur wenig Blätter abzupfen.

Das Pflanzenfärben besteht im Wesentlichen aus drei Schritten:

  1. Beizen
  2. Färben
  3. Spülen

Ihr solltet also genug Zeit und vor allem Ruhe einplanen, damit es Spaß macht und nicht in Stress ausartet. Ein verregnetes Herbstwochenende wie dieses ist perfekt! 🙂

Ich habe für diese Anleitung zwei einfach zu beschaffende Farbgeber ausgewählt: braune Zwiebelschalen (halbwegs authentisch) und schwarzen Tee (ziemlich unauthentisch). Die Schalen könnt ihr beim Kochen immer gleich Sammeln und die Packung Schwarztee hat im Aldi 1,35€ gekostet. Also auch noch erschwinglich. So könnt ihr erstmal ausprobieren, ob es euch überhaupt Spaß macht und müsst nicht gleich teuren Krapp kaufen. Oder stundenlang durch den Wald stapfen…

Prinzipiell könnt ihr aber mit allem färben, was die Natur hervorbringt. Ob es funktioniert, ist die andere Sache.

Ihr benötigt:

  • ein paar Stränge ungefärbte Wolle
  • etwa 30 Gramm braune Zwiebelschalen
  • 100 Gramm schwarzen Tee (am besten lose)
  • Alaun
  • einen großen Topf
  • Sieb
  • Thermometer
  • ein Handtuch und evtl. eine Salat-/Wäscheschleuder
  • einen alten Nylonstrumpf oder ein Wäschenetz
  • Holzlöffel oder andere Gerätschaften zum Umrühren
  • Essig
  • Wollwaschmittel

Lasst euch bitte nicht von dieser langen Liste abschrecken 😀 Das klingt erstmal viel, aber das Meiste davon habt ihr sicherlich zuhause. Der Topf sollte danach allerdings nicht mehr zum Kochen genutzt werden. Der ist erfahrungsgemäß nach dem Spaß ziemlich bunt und lässt sich teilweise schwer reinigen. Also lieber gleich einen ausrangierten aus dem Keller holen… oder von der Schwiegermutter… dann aber vielleicht besser fragen 😉

Alaun ist ungiftig. Dennoch solltet ihr es nicht unbedingt in der Nähe von kleinen Kindern oder Haustieren lagern. Generell könnt ihr jeden, der nicht über die Arbeitsplatte gucken kann, aus der Küche verbannen. Ser Pounce-a-lot wäre mal fast in den Farbtopf gefallen. Das wär‘ was gewesen… eine Lila-weiße Katze…

Achso: Handschuhe braucht ihr bei den beiden Rezepten nicht unbedingt. Falls ihr dann jedoch mal mit Krapp oder ähnlich intensiven Farben arbeiten wollt, solltet ihr euch welche anziehen.

Nun aber zur Anleitung.

Schritt 1: Beizen

Gebeizt wird mit 15%-iger Alaunlösung. Das bedeutet, dass ihr 15% des Wollgewichtes an Alaun in das Wasser geben müsst. Oder einfacher:

1000 Gramm Wolle = 150 Gramm Alaun

500 Gramm Wolle = 75 Gramm Alaun

100 Gramm Wolle = 15 Gramm Alaun

Wiegt das Alaun in einem Einmachglas o.ä. ab und schüttet ein wenig heißes Wasser darüber. Dann heißt es Rühren, bis die Hand wehtut und sich alle Kristalle im Wasser gelöst haben.

Eure heiße Alaunlösung kommt nun in den großen Topf, den ihr schon mit kaltem Wasser gefüllt habt. Achtet drauf, dass ihr nicht zu viel Wolle auf einmal beizt. Sie muss sich noch frei im Wasser bewegen können. Außerdem sollte die Temperatur nicht höher als 40°C sein, da sonst die Gefahr besteht, dass die Stränge verfilzen. Lieber wirklich kaltes Wasser nehmen und dann langsam erhitzen.

So sieht das dann bei mir aus. Die Stränge wirken auf dem Bild sehr zusammengedrückt, hatten aber nach unten noch genug Platz. Wichtig ist auch, dass die Wolle gut durchnässt wird. Wenn ihr sie im Wasser nach unten drückt, sollten keine Luftblasen mehr aufsteigen.

Nun erhitzt ihr alles langsam auf ungefähr 85°C-95°C. (Seide nur 70°C, da sonst die Fasern zerfallen können). Zwischendurch immer vorsichtig umrühren, damit alle im Topf was von der Beize haben. Nicht zu stark und hektisch rumrühren -> Filzgefahr! Dann könnt ihr es ca. 1h vor sich hin köcheln lassen und währenddessen eine Folge „Game of Thrones“ oder sowas gucken…

Nun habt ihr zwei Möglichkeiten: Entweder ihr seid geduldig und lasst den Topf über Nacht abkühlen, oder ihr holt die Stränge sofort raus. Ich bevorzuge die erste Variante. Wenn ihr sofort weitermachen wollt, solltet ihr die Wolle zunächst sehr heiß spülen (verbrennt euch nicht!) und dann mit der Wassertemperatur immer ein wenig runtergehen.

Bei der ersten Variante spült ihr sie am nächsten Tag einfach mit ein wenig kaltem Wasser aus und trocknet sie mit einem Handtuch. (Oder wie ich mit der Salatschleuder). Danach entweder trocknen lassen (nicht in der prallen Sonne) oder sofort färben.

Schritt 2.1. Die Farbflotte herstellen

Sofern ihr zwei große Töpfe habt, könnt ihr das Beizen zeitgleich hierzu machen. Wenn nicht, gibt ihr die Beize aus dem Topf, macht ihr kurz sauber und gebt dann eure Pflanzen hinein. Oben seht ihr die 100 Gramm schwarzen Tee. Dies wird nun mit Wasser begossen, sodass ungefähr 1/4 des Topfes voll ist. Nun wieder Dampf unter den Kessel und ebenfalls ca. 1h auskochen lassen. (Bei Wurzeln und Hölzern ist es besser, sie über Nacht einweichen zu lassen und dann erst aufzukochen.)

Seid am besten cleverer als ich und macht die Pflanzen in einen alten Nylonstrumpf oder ein Wäschenetz. Sonst dürft ihr alles nachher aus der Wolle pulen und das macht wirklich keinen Spaß.

Bei den Zwiebelschalen habe ich zum Glück dran gedacht… Den schwarzen Tee habe ich dann auch nochmal umgefüllt.

So sehen die Zwiebelschalen nach dem Auskochen aus. Nun füllt ihr den Topf mit kaltem Wasser auf. Die Temperatur sollte ungefähr bei 30°C -40°C sein. Weniger ist immer gut, mehr sollte es nicht sein.

Schritt 2.2. Das Färben

Jippieh, die Vorarbeit ist getan und endlich kommt die Farbe zur Wolle. Die gebt ihr nun einfach in den abgekühlten Sud. Falls ihr trockene Stränge verwendet, könnt ihr sie vorher nochmal in Wasser legen und gut durchnässen. Dadurch wird die Farbe gleichmäßiger angenommen.

Wolle in schwarzem Tee

 

Wolle im Zwiebelsud

Und, wer hätte es gedacht? Das Ganze wird wieder aufgekocht. Die Färbesäckchen könnt ihr drinlassen. Und wieder gut, aber vorsichtig rühren, damit die Farbe nicht fleckig wird. Die Färbedauer ist das eher Gefühlssache. Ich lasse es meist 1h auf dem Herd, manche Pflanzen sind aber hartnäcknig und werden erst nach 2-3h schön intensiv. Schaut in den Topf rein und entscheidet, ob euch die Farbe gefällt.

Schritt 3: Spülen und Trocknen

Wenn ihr die Wolle genug gekocht habt, könnt ihr sie auch entweder im Topf abkühlen lassen, oder sofort spülen. Nach meinen Erfahrungen wird die Farbe ein wenig kraftiger, wenn sie noch über Nacht in der Farbflotte bleibt.

Im Vergleich zu Säurefarben, muss Pflanzengefärbtes noch gespült werden. Gebt ein wenig Wollwaschmittel und/oder Essig (ist gut für die Fasern) ins Wasser und wascht so lange, bis es klar bleibt. Das kann schon eine Weile dauern. Auch hier wieder nicht zu doll rubbeln, sonst verfilzt alles.

Spätestens jetzt wird klar, was ich mit unökologisch meine: Man benötigt einfach eine Menge Wasser und Energie. Falls ihr also Spaß an der Pflanzenfärberei gefunden habt, wäre die Anschaffung einer Regentonne eine Überlegung wert. Ich habe bis jetzt noch keine, werde mir demnächst eine organisieren.

Zum Schluss wieder entweder schleudern oder mit einem Handtuch trocken tupfen. Dann könnt ihr alles zum Trocknen hängen. Aber auch hier wieder nicht in die pralle Sonne, das würde die Farben zu sehr ausbleichen.

Bestimmt seid ihr nun ganz gespannt, wie die Farben aussehen. Das ist der schönste Teil am Färben 😀 Tadaaaaa:

Das Gelb von den Zwiebelschalen ist tatsächlich so grell geworden. Irgendwie ein schönes Kürbisgelb (gibt’s die Farbe?). Aber auch das braun gefällt mir sehr gut. Das wird vermutlich eine neue Mütze. Oder Socken… mal schauen.

Wo ich die Materialien gekauft habe

*Affiliate Link, mehr Infos

 

Wie sieht es bei euch aus? Nutzt ihr pflanzengefärbte Stoffe und Garne für eure Kleidung? Oder bleibt ihr lieber bei den chemisch gefärbten Textilien? Falls ich euch jetzt mit dem Färbevirus infiziert habe, freue ich mich natürlich auch über Bilder eurer Ergebnisse! Gerne auch über meine Facebookseite.

Ich wünsche euch auf jeden Fall ganz viel Spaß beim Färben! Falls ihr noch Fragen zum Pflanzenfärben haben solltet – immer her damit!

Habt eine tolle Woche

Möhrchen

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