Mittelalterliche Kleidung verzieren – aber wie?
Vielleicht kennt ihr es ja: Man ist gerade mit dem neusten Kleidungsstück für die kommende Lager- /Consaison fertig geworden. Man ist zufrieden, es passt und sitzt gut – aber irgendetwas fehlt. Oder man findet einen uralten Mantel im Schrank, das letzte Mal im Sommer vor 5 Jahren getragen. Auch irgendwie noch gut, aber nichts Besonderes. Ein paar hübsche Verzierungen müssen her – und zwar schnell.
Ich finde, Verzierungen geben der Gewandung erst das gewisse Etwas. Persönlichkeit. Einzigartigkeit. Leider gehen einem dafür auch mal schnell die Ideen aus. Aus diesem Grund will ich hier eine neue Serie starten, die sich ausschließlich mit dem „Aufhübschen“ eurer Lagerklamotte beschäftigt. Und woran denke ich zuerst, wenn es ums Aufhübschen geht? Genau, BORTEN.
Es gibt soooo viele Möglichkeiten, eure Kleidung mit Borten zu verschönern. Egal ob das Kleid von der Stange oder der selbstgenähte Mantel. Borten sehen (fast) immer gut aus. Außerdem sind sie einfach anzunähen, sodass ihr auch mit wenig Nähkenntnissen schöne Ergebnisse erzielen könnt.
Dieser Post soll euch ein paar Inspirationen für verschiedene Arten von Borten geben. Natürlich gibt es auch die ein oder andere Anleitung, wie ihr selbst welche herstellen könnt. Wie immer ist es nicht an historische Funde o.ä. gebunden. Einfach ein paar Vorstellungen, was man alles machen kann.
Achtung: der nachfolgende Post ist sehr bildlastig!
Falls ihr noch Fragen zu den einzelnen Variationen haben solltet, könnt ihr mir wie immer gerne einen Kommentar hinterlassen. Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß mit meiner kleinen Sammlung! 🙂
1. Maschinell gefertigte Borten
Fangen wir mit dem für mich schwierigsten Thema an: den „Industrieborten“. Viele lieben sie – ich mag sie eher nicht so gerne. Liegt einfach daran, dass sie in meinen Augen zu „modern“ aussehen. Aber das ist Geschmackssache. Und weil sie eben gern genutzt werden, dürfen sie hier natürlich nicht fehlen. Ein großer Vorteil dieser Webbänder ist, dass sie relativ günstig erhältlich sind. Eine Rolle mit 10m Band bekommt man oft schon für unter 10€. Außerdem sind sie leicht zu vernähen, weil sie relativ dünn sind.
Großer Nachteil: Man bekommt sie fast ausschließlich in der Polyesterausführung. Ihhh Polyester!!! Der große Feind des Mittelalterfans. Gott sei Dank haben viele nicht mehr diese ekelhaften Pseudo-Goldfäden eingewebt, die einfach nur schrecklich geglitzert haben und wie Karneval aussahen. Und ständig aufgerissen sind… Also die Qualität scheint über die Jahre hinweg besser geworden zu sein, dennoch ist es nicht meins.
Aber was mecker ich hier rum. Es ist eure Larp- oder Lagerbekleidung und IHR müsst euch wohlfühlen. EUCH muss sie gefallen. Und wenn ihr eine tolle maschinell gewebte Borte findet: Go for it! Niemand schreibt euch vor, wie ihr eure Kleidung verzieren sollt. (Nicht mal das meckernde Möhrchen 😀 ). Schickt mir dann bitte auch ein Bild, vielleicht ändere ich meine Meinung ja nochmal 😀
Industrieborten gibt es zum Beispiel auf Dawanda, Ebay *oder Amazon. Ab und an habe ich sie auch schon im Kurzwarenladen oder auf Märkten gesehen. Oder ihr schaut mal in diversen Mittelalter-Flohmarktgruppen bei Facebook rein.
2. Brettchenborten
Kommen wir nun zu meinen Lieblingen unter den hier Aufgeführten. Das Brettchenweben ist eine sehr alte Handarbeitstechnik, die es schon weit vor dem Frühmittelalter gab. Sie hat bis heute überlebt und es gibt immer wieder neue Interpretationen und Kreationen von Mustern. Das mag ich total. Gerade im Wikinger-Reenactment werden brettchengewebte Borten gern verwendet.
Es gibt einfach so viele tolle Brettchenborten! Und alle sind Handarbeit. Das passt meiner Meinung nach gut zu vielen Darstellungen. Egal ob Fantasy oder historisch. Leider sind brettchengewebte Borten oft teuer. Und das ist auch berechtigt. Um eine Borte herzustellen, benötigt man viel Zeit, Geduld und Liebe, außerdem sind die Materialien in der Regel sehr viel hochwertiger als die der maschinell Gewebten. So ist es nicht verwunderlich, dass ein Meter handgefertigtes Webband um ein zehnfaches teurer ist als die Industrieborte.
Weil ich es schon öfter in diversen Foren und Mittelaltergruppen gesehen habe: Bitte, bitte habt Verständnis für die höheren Preise. Das ist nun mal keine 08/15-China-Importware. Und auch wenn es viele WeberInnen hobbymäßig betreiben, sollte die Arbeit vernünftig gewürdigt werden. Dann nutzt die Borten lieber sparsam und für etwas außergewöhnliches, anstatt Kommentare zu schreiben alà „voll die Abzocke, viel zu teuer“. Alles schon gesehen, alles schon erlebt. Ich finde es einfach unfair gegenüber den Leuten, die diese Handarbeitstechnik am Leben erhalten.
So genug Moralpredigt. Brettchenborten würde ich eher mit der Hand an die Kleidung nähen, da sie teilweise wesentlich dicker sind als industriell hergestellte. Natürlich könnt ihr sie auch kleben, wenn ihr möchtet. Davon würde ich aber abraten. Doch zum Textilkleber kommen wir später.
Falls ihr wissen möchtet, wie genau das mit dem Brettchenweben funktioniert, könnt ihr mal auf flinkhand.de schauen. Auch das Flachsschaf hat eine, wie ich finde, sehr gute Anleitung zu dem Thema geschrieben. Außerdem gibt es ebenfalls eine tolle Facebookgruppe zu dem Thema, in der ihr Fragen stellen und euch Anfängertipps holen könnt.
3. Dochtgarn/ Kordeln/ Zierflechten als Bortenersatz nehmen
Ich gebe zu, es ist keine Borte im herkömmlichen Sinne. Dennoch ist es eine schlichte und zugleich hübsche Möglichkeit, eure Kleidung ein wenig aufzuhübschen. Außerdem ist es preisgünstig und einfach zu machen.
Ihr benötigt dafür lediglich:
- etwas Garn/ eine Kordel/ eine Zierflechte
- Nähgarn und -nadel
- Schneiderkreide
Zunächst solltet ihr mit der Schneiderkreide aufzeichnen, wo genau eure „Ersatzborte“ verlaufen soll. Je nachdem, ob es am Saum, Ärmel oder Halsausschnitt ist, könnte es ein wenig tricky werden.
Achtet darauf, dass ihr einen gleichmäßigen Abstand zum Rand habt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr das auch schöner hinbekommt als ich. 😀
Dann könnt ihr euer Anzunähendes schon einmal probelegen, um zu schauen, ob es euch so gefallen würde. Zierflechten könntet ihr eventuell sogar noch feststecken. Ansonsten heißt es: freihand Nähen!
Einfach in gleichmäßigem Abstand von unten einstechen und um die Kordel rum nähen. Die Dicke des Nähgarns könnt ihr beliebig wählen. Je dicker das Garn, desto mehr entsteht ein Streifenmuster, dass auch sehr schön aussehen kann. Den Faden zum Schluss noch ordentlich vernähen – et voilà! Eure schlichte, preisgünstige und wenig aufwendige Verzierung ist fertig.
4. „Borten“ aufsticken
Auch etwas, das ich sehr gerne mache, wenn ich keine Brettchenborte zur Verfügung habe. Und die habe ich eigentlich so gut wie nie (weil immer zu pleite 😀 ). Diesmal nehmt ihr etwas dickeres Garn und stickt wild drauf los mehrere farbige Reihen untereinander. Am besten eignet sich dafür der Stielstich. Der ist wirklich simpel und auch für Stickunerfahrene leicht umzusetzen. Eine Anleitung gibt es hier.
Wie viele Reihen ihr benötigt, bleibt ganz euch überlassen. Auf dem Bild habe ich 3 Reihen braun, 2 weiß, 1 rot, 2 weiß, 3 braun gestickt. Zusätzlich habe ich noch die Nahtkante mit dem braunen Garn umnäht. Diese Variante dauert auf jeden Fall etwas länger, sieht dafür aber sehr schön aus. Außerdem könnt ihr leicht bestimmen, wie breit die spätere Verzierung sein soll.
5. Besticktes Stoffstück als Borte
Nun steigern wir die Schwierigkeitsstufe etwas. 😀
Eine weitere Möglichkeit ist, das gewünschte Motiv erst auf ein Stück Stoff zu sticken und danach an das Kleidungsstück zu nähen. Diese Methode hat zwei Vorteile: Zum einen ist es nicht schlimm, wenn ihr beim Sticken einen Fehler macht. Falls euch das Motiv nicht gefällt, nehmt ihr einfach ein neues Stück Stoff und fangt von vorn an. Und glaubt mir, die Borte, die ihr auf dem Bild seht, habe ich vier oder fünf mal gestickt, weil sie mir nie gefallen hat.
Zum anderen ist der Stoffuntergrund ein schöner Kontrast und macht das Ganze ein bisschen interessanter. Bei meiner Tunika ist es grüner Fischgrät-Wollstoff auf braunem Leinen.
Ihr benötigt:
- ein Stück Stoff in der Größe eurer Wahl
- Stickgarn
- eine Sticknadel
- Schneiderkreide oder Textilstift
- Schere
- opt. einen Stickrahmen
Messt zunächst die Saumlänge, Ärmelbreite oder den Halsausschnitt eures gewählten Kleidungsstücks aus. So wisst ihr genau, wie lang der Trägerstoff sein muss. Dann überlegt euch, wie breit die spätere Borte werden soll. Da ich ein sehr fauler Mensch bin, habe ich Paketband als Maß genommen. Das ist 5cm breit und so konnte ich es einfach auf den Stoff kleben und ausschneiden. Kein Vorzeichnen, kein Schnittmuster. Faules Möhrchen eben.
Als Nächstes übertragt ihr euer gewünschtes Muster auf den Stoff. Ich habe mir hierfür eine Schablone gebastelt (die ihr auch im nächsten Punkt sehen werdet). Andere Möglichkeiten wären Schneiderkopierpapier oder Zeichnen freihand (urgh). Je nachdem, was euch besser liegt.
Dann könnt ihr auch schon mit dem Sticken loslegen. Wenn ihr einen Stickrahmen besitzen solltet, könnt ihr das Ganze darin einspannen. Dadurch verzieht es sich weniger und ihr müsst nicht so viel bügeln!
So sieht der ganze Spaß bei mir aus. Also nach dem vierten Versuch…
Nun geht’s ans Feststecken. Einfach mit ein paar Stecknadeln so fixieren, dass es nicht mehr wegrutschen kann. Danach mit der Nähmaschine oder per Hand festnähen. Wenn ihr die Kanten umklappt, sieht es ordentlicher aus. Ihr könnt sie aber auch wie ich ohne Umklappen festnähen und danach umsticken. Ich habe wieder das Dochtgarn benutzt, um die Verzierung vom Halsausschnitt aufzugreifen.
Wenn ihr wirklich gar nichts für das Sticken übrig habt, habe ich natürlich noch eine unkompliziertere Variante für euch:
6. Bemaltes Stoffstück als Borte
Natürlich müsst ihr nicht Sticken, wenn ihr da keine Lust drauf habt. Auch mit Textilfarbe kann man schöne Motive malen und diese dann als Borte verwenden. Eine Kombination aus Gesticktem und Bemaltem sieht bestimmt auch toll aus. Seid einfach kreativ!
Ihr benötigt:
- Textilmalfarbe, Textilstifte
- Schablone (da ist sie 😀 )
- Pinsel, Schwämmchen
- euer Stoffstück
Die Schablone habe ich ausgedruckt und anschließend laminiert. Dadurch weicht sie nicht auf und die Farbe kann nicht durchsickern. Eine andere Möglichkeit wäre, die Schablone aus Klarsichtfolie herzustellen. Falls ihr Pappe verwenden wollt, solltet ihr sie mit einer Mischung aus Leinölfirnis und Terpentin (Verhältnis 50:50) imprägnieren und über Nacht trocknen lassen.
Zum Auftragen der Farbe eignen sich erfahrungsgemäß Schminkschwämmchen aus der Drogerie am besten. Alternativ funktioniert auch alter Schaumstoff gut. Für feinere Linien sind Pinsel selbstverständlich besser.
Einige Textilfarben benötigen bis zu 48h zum Trocknen. Je nachdem, welche ihr benutzt, muss das Motiv danach noch gebügelt werden. Acrylfarbe würde theoretisch auch funktionieren. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese sich doch recht schnell auswäscht oder anfängt, zu bröseln. Also keine Empfehlung von meiner Seite.
Gut… vielleicht hätte ich etwas kontrastreichere Farben nehmen sollen. Aber ich besitze derzeit nur die beiden Farbtöne 😀 Das Prinzip ist hoffentlich trotzdem verdeutlicht worden. Die Außenlinien habe ich zusätzlich mit einem schwarzen Textilstift nachgezogen. Bestenfalls achtet ihr noch darauf, das Muster gerade auf den Stoff zu bringen. Nicht wie Möhrchen, die alles krumm und schief malt. Nehmt euch also möglichst kein Beispiel an mir 😀
Und wann kommt der Textilkleber?
Gar nicht. Textilkleber ist doof, fies und gemein. Ich weiß nicht so recht, ob es an meinem Kleber lag, aber auch nach mehreren Versuchen habe ich kein schönes Ergebnis erzielen können. Mein eigentlicher Plan war es, ein Muster aus Garn und Wolle auf den Trägerstoff zu kleben. Es hat nix 100%ig gehalten! Vielleicht funktioniert es, wenn man Schmucksteine oder ähnliches Gebamsel aufklebt, aber mit Garn war es eine einzige Katastrophe.
Deswegen würde ich es nicht empfehlen, Borten auf die Kleidung zu kleben. Ich meine, nix sieht bescheuerter aus, als eine sich halb ablösende Borte am Ärmel hängen zu haben. Auch hier lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen. Also wenn ihr tolle Borten habt, die in irgendeiner Weise geklebt sind, schickt mir unbedingt Bilder!
Und da sind wir nun auch schon am Ende meines kleines Bortenüberblickes. Ich hoffe, ich konnte euch ein paar Inspirationen für eure Gewandungen geben. Habt ihr noch weitere Ideen? Oder mögt ihr Verzierungen an eurer Gewandung vielleicht gar nicht? Was macht ihr am liebsten, um eure Gewandung ein wenig aufzuhübschen? Hinterlasst mir gern einen Kommentar, bin gespannt, was ihr davon haltet 🙂
Habt eine tolle Woche und viel Spaß beim Nähen!
Möhrchen
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8 Gedanken zu „Gewandung verzieren – Borten“